Coronakritische Demos, 2020/2021

„Querdenken, Nicht ohne Uns, Demokratischer Widerstand, Hygienedemonstration, Freedom Parade.

Seit April 2020 gab es in Deutschland eine Reihe von kleinen und großen kritischen Aktionen gegen die gefassten Corona Maßnahmen im öffentlichen Raum. Die Teilnehmer sind inzwischen fast komplett in eine Parallelwelt von Verschwörungsideologen abgewandert. Höhepunkte waren unter anderem zwei Großdemonstrationen im August 2020 in Berlin, gefolgt von einem deutlich aggressiveren Auftritt in Leipzig und Kassel im März 2021. Bei den letztgenannten hat die Polizei trotz Auflagen und Verboten die Demonstranten gewähren lassen.

Waren es die Aktionen am Anfang noch festivalähnliche Happenings mit vielen phantasievollen Kostümen und Plakaten, sind in diesem Herbst die Schilder fast weg und immer weniger Menschen gehen auf die Straße. Dafür sind die Demonstrierenden nun aggressiv verdrossen und die Gewaltbereitschaft steigt.

Seit 2015, dem Beginn von Pegida in Dresden, versuche ich vor Ort mit eigenen Augen zu sehen und zu verstehen, was bis dahin eher „unsichtbare“ Teile der Bevölkerung auf die Straße und sukzessive in die Totalopposition zur repräsentativen Demokratie bringt. Selbstermächtigung und politische Teilhabe sind ja erwünscht. Bei den Querdenkern (hier als Sammelbegriff genutzt) gab es zu Beginn ein weites Spektrum von links, alternativ, Gesundheits- und esoterischer Szene und schon immer staatsfernen Personen aller Richtungen. Dazu kommt ein spezifisch deutscher Faktor – sozusagen ein nachholender „Antifaschismus“: Es gab nicht genug Widerstand gegen das „Dritte Reich“ und in der DDR (ohne die Systeme gleichzusetzen) – deshalb sei es jetzt Pflicht, einer „aufkommenden Coronadiktatur“ entschlossen entgegenzutreten. Wie kann man diesem Abdriften in Gewaltphantasien und Parallelwelten sowie der Verweigerung von demokratischer Teilhabe begegnen?“

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David Baltzer wurde 1962 in Berlin geboren und lebt heute in Berlin.